Energieausweise im Praxis-Test – Ergebnisse größtenteils zufällig?

Die grundlegende Idee eines Energieausweises ist es, die Energieeffizienz eines Gebäudes als Qualitätsmaßstab für eine Bewertung heranzuziehen. Der Eigentümerverband Haus & Grund hat nun im Rahmen eines Praxistests für zwei beispielhafte Gebäude Energieausweise von verschiedenen Beratern erstellen lassen. Das Ergebnis: schockierend!

Haus & Grund fordert bessere individuelle Energieberatung

Der in Energie­ausweisen angegebene Energie­effizienz­wert für Wohn­gebäude unter­liegt wesentlich dem Zufall. Das ergab ein Test, den der Hauseigentümer­verband Haus & Grund Deutschland an zwei repräsen­tativen Wohn­gebäuden durch­führte. „Es darf nicht von der Wahl des Energie­beraters abhängen, ob ein Haus gute oder schlechte Energie­werte hat“ forderte Kai Warnecke, Haupt­geschäfts­führer von Haus & Grund Deutschland, heute in Berlin. Statt mit aller Macht den Energie­ausweis im Markt zu verankern, müsse die Bundes­regierung dafür sorgen, dass die individuelle Energie­beratung verbessert werde.

Haus & Grund hat in den vergangenen Monaten für ein Mehr- und ein Zwei­familien­haus Energie­ausweise erstellen lassen. Es wurden von insgesamt zehn verschie­denen Energie­beratern aus der Experten­liste der dena sowie über ein Online­portal Verbrauchs­ausweise und Bedarfs­ausweise erstellt. Die ermittelten Energie­kennwerte differierten dabei um bis zu 46 Prozent. „Nicht einmal ein hoher Preis garantiert Qualität. Die Probleme lassen sich auch nicht ohne weiteres mit einer besseren Qualifi­zierung der Energie­berater beheben. Die Probleme liegen im System“, sagte Warnecke. So bereite die für die Berechnung wesent­liche Gebäude­nutz­fläche in der Praxis erheb­liche Probleme. Dies führe dazu, dass der ermittelte Energie­bedarf oder -verbrauch einmal auf kleine, einmal auf große Flächen bezogen werde – bei ein und demselben Haus, von unter­schied­lichen Beratern.

Der Verband schlägt vor, die Bedeutung von Energie­ausweisen für den Wohn­immobilien­markt zu beschränken. Seit Mai 2014 muss beispiels­weise der Energie­kennwert aus dem Energie­ausweis in Vermietungs­anzeigen angegeben werden. Wer diese Vorgabe missachtet, muss mit einem Buß­geld von bis zu 15.000 Euro rechnen. „Der Energie­kenn­wert gibt keinen Hinweis darauf, ob ein Mieter mit hohen oder niedrigen Heiz­kosten zu rechnen hat. Deshalb hat er in Anzeigen nichts zu suchen“, betonte Warnecke.

Ein Gebäude – verschiedene Energieausweise

 Nicht miet- oder kaufentscheidend

  • Die Klassifizierung reicht von energetisch gut saniert bis energetisch nicht wesentlich modernisiert.
  • Abweichung zwischen den Energiekennwerten beträgt mehr als 40 Prozent.

Mehrfamilienhaus

Baujahr 1969, mit 6 Wohneinheiten, oberste Geschossdecke sowie Giebelseiten wurden nachträglich gedämmt, Fenster mit 2-Scheiben-Isolierglas getauscht, Raumwärme erst mit Öl-Heizkessel (seit 1990), während des Praxis-Tests modernisiert mit Gasbrennwertgerät (seit Ende 2014).

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Doppelhaus

Baujahr 1984, je Hälfte 140 qm Wohnfläche, mit Öl-, bzw. Gaskessel jeweils Baujahr 1984, für Raumwärme und Wasserbereitung. Keller, Dachgeschoss und Wintergarten werden beheizt.

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 Verbrauch ist geringer als berechneter Bedarf

 Bedarfsausweise sind irreführend

  • Erwartungen bei Eigentümern und Mietern hinsichtlich Energiekosteneinsparung werden nicht erfüllt.
  • Potenzial für wirtschaftliche Modernisierung in Wirklichkeit gering.

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So lesen Sie dieses Schaubild:

Der vom Ingenieur berechnete Energiebedarf wurde mit 183 kWh angegeben, es wurde berechnet und damit geworben, dass sich der Bedarf durch den Einbau einer neuen Heizung auf 138 kWh reduzieren ließe – während der tatsächliche Verbrauch nur 107 kWh war.

Verbraucher wird getäuscht

Energieausweis nicht relevant für Heizkosten

  • Energieausweis nicht relevant für Heizkosten
  • Energiekennwert in kWh/(m2*a) gibt keine Auskunft über die Heizkosten.
  • Bezugsgröße des Energiekennwertes ist eine „fiktive“ Gebäudenutzfläche, welche nicht mit der Wohnfläche identisch ist.
  • Heizkosten sind vielmehr von den Kosten des Brennstoffs (z. B. Gas, Öl) sowie den Kosten des Dienstleisters für Wartung und Betreibung abhängig.
  • Tatsächlicher Energieverbrauch wird beeinflusst durch:
    – Lage der Wohnung im Haus (Nord-/Südseite, innen-/außenliegend) .
    – Anzahl derBewohner
    – Verbrauchsgewohnheiten (sparsam, verschwenderisch)

Quelle: Haus & Grund, Pressemitteilung vom 23.09.2015

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Heimo Bucerius

Heimo Bucerius

Heimo Bucerius war mit seiner Vermögensberatungsfirma unter den TOP25 Deutschlands der vom Wirtschaftsmagazin Euro getesteten Finanzberater (25 von 18.000 Bewerbern wurden ausgezeichnet). Als Finanzberater ist er seit über 20 Jahren auf Immobilien spezialisiert – ein wesentliches Gebiet für den Vermögensaufbau mit Sicherheit und Rendite. Über Vorträge und Seminare in Deutschland, England, USA, in der Schweiz und der Slowakei vermittelt Heimo Bucerius wichtiges Immobilienwissen.

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